Grundsteuerreform: Pflichten und Risiken für Testamentsvollstrecker?

Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts vom 02.12.2019 hat der Gesetzgeber auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 reagiert, mit der das bisherige System der grundsteuerlichen Bewertung für verfassungswidrig erklärt wurde. Das Gesetz sieht u.a. vor, dass der gesamte Grundbesitz in Deutschland auf den Stichtag 01.01.2022 neu bewertet wird. Hierfür sollen die Eigentümer eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts elektronisch an das Finanzamt übermitteln.

In diesem Kurzbeitrag soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Testamentsvollstrecker verpflichtet sind, diese Erklärung für von ihnen verwalteten Grundbesitz abzugeben und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

I. Erklärungspflicht des Testamentsvollstreckers?

Den Testamentsvollstrecker trifft hinsichtlich nach dem Erbfall verwirklichter Steuertatbestände regelmäßig keine Erklärungspflicht, auch wenn die Steuertatbestände im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses verwirklicht werden. Denn die Steuerpflichten richten sich unmittelbar gegen die Erben und nicht gegen den Nachlass. Die Erben haben deshalb selbst für die Erklärung der Steuern und deren Entrichtung zu sorgen. Allerdings ist der Testamentsvollstrecker gem. §§ 2318, 666 BGB dazu verpflichtet, dem Erben die zur Steuererklärung erforderlichen Informationen zu erteilen (vgl. zum Ganzen Holler/Kreisner, ErbR 2022, 120, 126 m.w.N.). Auch wenn man vorliegend lediglich von einer Auskunftspflicht des Testamentsvollstreckers ausginge, müsste dieser die zur Abgabe der Feststellungserklärung erforderlichen Informationen recherchieren und den Erben übermitteln.

In Bezug auf die Grundsteuer wird allerdings eine Pflicht zur Abgabe der Erklärung durch den Testamentsvollstrecker bejaht, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf die Verwaltung von Grundstücken erstreckt (Bengel/Reimann TV-HdB, § 8 Testamentsvollstreckung im Steuerrecht Rn. 144).

Zwischenfazit:

Testamentsvollstrecker sind anstelle der Erben verpflichtet, die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für von ihnen verwaltete Grundstücke abzugeben.

II. Benötigte Informationen

Grundsätzlich wird die Grundsteuer auch künftig bundeseinheitlich erhoben, es sei denn, das jeweilige Bundesland hat von der „Öffnungsklausel“ Gebrauch gemacht, die es Bundesländern erlaubt, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer landesgesetzlich geregelt. Die benötigten Informationen können daher in einzelnen Bundesländern abweichen.

Hilfreich sind auf jeden Fall folgende Unterlagen:

–        Grundbuchauszug,

–        letzter Einheitswertbescheid,

–        Kaufvertrag über das Grundstück,

–        Bauunterlagen zu dem Gebäude und

–        das Informationsschreiben der Landesfinanzverwaltung zur Grundsteuerreform.

Für private Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und unbebauten Grundstücken werden in der Regel folgende Informationen benötigt:

–        Genaue Lage des Grundstücks,

–        Gemarkung, Grundbuchblattnummer, Flurstück / Flurstücknummer,

–        Grundstücksart,

–        Grundstücksfläche,

–        Bodenrichtwert,

–        Wohnfläche,

–        Baujahr des Gebäudes,

–        Anzahl der Garagen- oder Tiefgaragenstellplätze,

–        falls das Gebäude verbindlich abgerissen werden muss, das Jahr der Abbruchverpflichtung,

–        falls das Gebäude kernsaniert wurde, das Jahr der Kernsanierung.

Bei Geschäftsgrundstücken und anderen Nichtwohngrundstücken (gemischt genutzte Grundstücke oder Teileigentum) werden in der Regel außerdem folgende Daten benötigt:

–        Brutto-Grundfläche (diese dürfte gerade bei älteren Gebäuden nicht oder nicht digital verfügbar sein und muss ggf. durch Berechnungen oder Vermessungen ermittelt werden).

Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist die Abgabe der Erklärung besonders kompliziert, weil künftig die Wohngebäude sowie zugehöriger Grund und Boden gesondert erfasst werden. Wohnteile, Altenteile, Betriebsleiter- und Arbeiterwohnungen werden künftig nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern dem Grundvermögen zugerechnet.

 

III. Fristbeginn / -ende

Die Erklärung ist ab dem 01.07.2022 elektronisch einzureichen, die Frist endet voraussichtlich am 31.10.2022

 

IV. Folgen von Fristversäumnissen / falschen Erklärungen

Kommt der Testamentsvollstrecker seiner Verpflichtung nicht nach und gibt die entsprechende Erklärung nicht oder fehlerhaft ab, haftet er für die daraus resultierenden Konsequenzen.

Testamentsvollstrecker sollten außerdem berücksichtigen, dass neben der Neubewertung der Grundstücke auch eine Anzeigepflicht für Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse eingeführt wurde. Ab 2022 sind bis zum 31.01. (je nach Bundesland ggf. auch 31.03.) des Folgejahres sämtliche Änderungen des abgelaufenen Kalenderjahres anzuzeigen, die sich auf den Grundsteuerwert auswirken könnten. Dies betrifft beispielsweise Bebauung, Umbau, Abriss, Erweiterung der Wohnfläche, Umwidmung von Flächen etc.

 

V.  Fazit

Testamentsvollstrecker sollten frühzeitig beginnen, die erforderlichen Informationen zusammenzutragen, zumal damit zu rechnen ist, dass es bei eventuell erforderlicher Anforderung von Informationen oder der Einsicht in Bauakten zu Engpässen kommen kann, weil diese Informationen in einem sehr engen Zeitraum für alle Grundstücke in Deutschland erhoben werden. Sofern Steuerberater hinzugezogen werden, ist die dortige Bearbeitungsdauer ebenfalls zu berücksichtigen.

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Bonn, den 07.06.2022

Alexander Knauss, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mitglied des AGT-Vorstandes