Die Zertifizierung von Testamentsvollsteckern durch die AGT

1. Warum zertifiziert die AGT Testamentsvollstrecker?

Mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen vom 11.11.04 (I ZR 213/01 sowie I ZR 182/02) sowie mit dem am 01.07.08 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz hat der Gesetzgeber die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung ausdrücklich aus dem Anwaltsvorbehalt ausgenommen. Seither darf jedermann Testamentsvollstreckung geschäftsmäßig betreiben. Die Übernahme von Testamentsvollstreckungen ist somit nach geltendem Recht nicht an besondere Qualifikationsvoraussetzungen in der Person des Testamentsvollstreckers geknüpft. Auch eine Versicherung gegen Schäden, die der Testamentsvollstrecker an dem von ihm verwalteten Vermögen anrichten könnte, wird nicht für erforderlich gehalten. Sind im Rahmen der Testamentsvollstreckung Rechtsfragen zu klären, muss der unwissende Testamentsvollstrecker Rechtsrat einholen. Mit den hierfür anfallenden Kosten wird der Nachlass – grundsätzlich zusätzlich zum Testamentsvollstreckerhonorar – belastet. Auch mögliche Fehler und Versäumnisse gehen auf Kosten des Nachlasses und des Schutzes der Angehörigen.

Die AGT e.V. verfasste im Vorgriff auf dieses Gesetz die im Frühjahr 2006 verabschiedeten Richtlinien für die Zertifizierung von Testaments­vollstreckern. Diese Richtlinien setzten Mindest­standards in Ausbildung, Versicherung, Erfahrung und Fortbildung geschäftsmäßig agierender Testamentsvollstrecker. Mehr dazu hier »

Die von der AGT geführten Testamtsvolltreckerliste weist bereits mehr als 1000 zertifizierte Testamentsvollstrecker (AGT) nach. Diese Testamentsvollstrecker haben sich einem den Zertifizierungsrichtlinien entsprechenden Prüfungsverfahren unterworfen und erfüllen somit die Qualifizierungsanforderungen der AGT. Mehr dazu hier »

Der Erfolg einer Testamentsvollstreckung steht und fällt mit der Person und Qualifikation des Testamentsvollstreckers.

2. Vorzüge der Zertifizierung durch die AGT

  • Außenwirkung der Zertifizierung. Sie steht für:

> Hinreichende Qualifikation gem. den AGT-Richtlinien
> Regelmäßige Fort- und Weiterbildung gem. den AGT-Richtlinien (Rezertifizierung)
(vgl. dazu hier das OLG Hamm, Beschl. v. 21.03.2017)
> Versicherungsschutz gem. den AGT-Richtlinien

3. Voraussetzungen für die Zertifizierung durch die AGT

gem. den AGT-Richtlinien und in Kooperation mit Fachseminare von Fürstenberg

Nachweis der theoretischen Kenntnisse auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung gem. §2 der RiLi.

Nur von der AGT geprüfte renommierte Fortbildungsinstitute führen die Zertifizierungslehrgänge durch. Seit 2006 anerkannter Lehrgangsanbieter ist Fachseminare von Fürstenberg.

Der Lehrgang bei Fachseminare von Fürstenberg besteht aus drei aufeinander aufbauenden, mehrtägigen Unterrichtseinheiten (insgesamt 38 Zeitstunden):

  • AGT 1: Allgemeines Erbrecht (verzichtbar für Volljuristen)
  • AGT 2: Testamentsvollstreckung I („Basics“) (verzichtbar für Absolventen eines Fachanwaltslehrganges Erbrecht)
  • AGT 3: Testamentsvollstreckung II („Specials“)

Details zu den Seminarinhalten stehen unter https://www.fachseminare-von-fuerstenberg.de/zertifizierter-berater/zertifizierter-testamentsvollstrecker sowie im Programm_FvF

Zum Abschluss jeder Unterrichtseinheit findet eine kompakte Wiederholung der Schwerpunkte und anschließend eine Klausur von jeweils 90 Minuten statt.

Der erfolgreiche Abschluss ist Voraussetzung für die Zertifizierung durch die AGT.

!Fachanwälte für Erbrecht können mit dem Besuch der Kurseinheit AGT 3 bereits ihre komplette jährliche Pflichtfortbildung nach § 15 FAO nachweisen!

Nachweis der praktischen Fertigkeiten gem. §3 der RiLi.

Nachzuweisen ist eine mindestens zwei Jahre lang ausgeübte Tätigkeit als Rechtsanwalt, Justitiar, Richter, Notar, Rechtsbeistand, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ist, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer oder certified estate planner (cep) (s. Zertifizierungsantrag)

oder -falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sinddrei bereits erfolgreich durchgeführte Testamentsvollstreckungen.

In dem BGH-Urteil zur Zertifizierungsentscheidung vom 09.06.2011 [I ZR 113/10]  wird zur Führung der Bezeichnung „zertifizierter“ Testamentsvollstrecker (AGT) im Rechtsverkehr durch einen Rechtsanwalt gefordert, dass er über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt. Wie diese im Einzelfall beschaffen sein müssen, lässt der Wettbewerbssenat des BGH weitgehend offen. Siehe hierzu die Stellungnahme zu dem Urteil von RA Eberhard Rott, Vorstandsvorsitzender der AGT e.V. (Kommentar RA Rott) sowie die Mitteilung der Pressestelle des BGH: Pressemitteilung Nr. 102/2011
Die AGT hat die Entscheidungsgründe des BGH sorgfältig analysiert. Unter Einbeziehung einer Folgeentscheidung des Wettbewerbssenates des BGH aus dem Jahr 2014 zu der Frage, wann sich ein Rechtsanwalt als Spezialist auf einem Rechtsgebiet bezeichnen darf, für das auch eine Fachanwaltsbezeichnung erlangt werden kann (BGH, Urt. v. 24.07.2014, I ZR 53/13), ergibt sich danach folgendes:
> ohne eine einzige Testamentsvollstreckung kann die Bezeichnung „zertifizierter“ Testamentsvollstrecker im Rechtsverkehr nicht geführt werden,
> grundsätzlich sollten drei Testamentsvollstreckungen oder mindestens eine Testamentsvollstreckung sowie mindestens zwei weitere vergleichbare Tätigkeiten wie Nachlassverwaltung, Nachlasspflegschaft oder Nachlassabwicklung nachweisbar sein,
> die Fallzahl kann im Einzelfall unterschritten werden, wenn Schwierigkeit und Aufwand eine abweichende Beurteilung erlauben,
> die Verantwortung für die Führung der Bezeichnung obliegt demjenigen, der sie im Rechtsverkehr führt, selbst (vgl. BGH, Urt. v. 24.07.2014, I ZR 53/13, juris-Rn. 27, zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen an einen „Spezialisten“ auf dem Gebiet des Familienrechts)
> wer im Rechtsverkehr die Bezeichnung ohne den Zusatz „zertifiziert“ führt, bspw. in der Form „Testamentsvollstrecker (AGT)“, unterliegt nicht den vom BGH aufgestellten Anforderungen.

Unterhaltung einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung

Unterhaltung einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gem. §4 der RiLi. zur Abdeckung des Risikos von Pflichtverletzungen aus Testamentsvollstreckungen.

Fortbildungsverpflichtung

Fortbildungsverpflichtung (Rezertifizierung) gem. §5 der RiLi. zur Erhaltung der Sachkunde, insbesondere vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und rechtlicher Entwicklungen.

Die Zertifizierung ist nicht zu verwechseln mit der AGT-Mitgliedschaft. Informationen zu der AGT-Mitgliedschaft: hier!

4. Schritte zur Zertifizierung durch die AGT

  1. Erhalt des Lehrgangszertifikats zum „Zertifizierten Testamentsvollstrecker (AGT)“ durch die Fachseminare von Fürstenberg oder gem. den AGT-RiLi bzw. Online-RiLi
  2. Einreichung des Zertifizierungsantrages auf Verleihung der Bezeichnung „[Zertifizierter] Testamentsvollstrecker (AGT)“ bei der Geschäftsstelle der AGT, unter Berücksichtigung der im Antrag angefragten Nachweise der theoretischen Kenntnisse (AGT I-AGT III) und praktischen Fertigkeiten (s.o.) sowie der Unterhaltung einer Vermögenshaftpflichtversicherung und der Entrichtung einer Zertifizierungsgebühr gem. der AGT-Gebührenordnung () in Höhe von 350,00 EUR.
  3. Prüfung des Antrags gemäß den Zertifizierungsrichtlinien der AGT durch den Vorstand der AGT.
  4. Verleihung der Bezeichnung „Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)“ in Form einer Urkunde (Zertifikat) sowie Aufnahme des Zertifizierten in die Testamentsvollstreckerliste der AGT.
  5. Fortdauer der Zertifizierung durch Antragstellung auf Rezertifizierung alle drei Jahre. Mehr dazu hier!

5. Online-Lehrgänge

Zu beachten sind die Richtlinien der AGT zur Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und Zertifizierungslehrgängen im Online-Verfahren: Online RiLi  2024