– 10. Oktober 2008 –

Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts (BT-Drucks. 16/8954) durchlief am 08.10.2008 die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags. Die Mehrheit der Sachverständigen monierte insbesondere die beabsichtigten Regelungen zum Ausgleich von Pflegeleistungen. Die zunehmende Wichtigkeit der häuslichen Pflege durch Personen, die dem Erblasser nahe stehen, sei vom Reformgesetzgeber zwar erkannt, aber nur unzureichend gelöst worden. Denn nur den gesetzlichen Erben werde ein gesetzlicher Ausgleich für gegenüber dem Erblasser erbrachte Pflegeleistungen gewährt. Gewillkürte Erben, Schwiegerkinder oder Lebensgefährten etc. werden hingegen für ihre erbrachten Pflegeleistungen nicht entlohnt, wenn nicht der Erblasser zu Lebzeiten rechtzeitig eine vertragliche oder testamentarische Regelung getroffen oder den ihn Pflegenden bereits freiwillig entlohnt hat.

Die Sachverständigen kritisierten, dass so ein großer Teil der Pflegepersonen von vornherein übergangen werde. Stattdessen wurde für ein „gesetzliches Vermächtnis“ zugunsten der Pflegenden plädiert. Verfassungsrechtlichen Bedenken wegen einer Einschränkung der Testierfreiheit der Erblasser sollten nach dem Vorschlag der Sachverständigen durch die Einfügung eines disponiblen, also eines durch den Erblasser stets frei entziehbaren, Vermächtnisses begegnet werden.

Ein weiteres Problem wurde in der Höhe der Honorierung dieser Pflegeleistungen gesehen, die sich an den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung durch Fachkräfte nach § 36Abs. 3 SGB XI orientieren soll. Damit würde der Erblasser letztlich mehr für die Pflege durch einen Angehörigen als durch eine ausgebildete Fachkraft „zahlen“.

Stellungnahme der AGT:

Abzuwarten bleibt, ob die Anregungen durch den Reformgeber umgesetzt werden. Denn die Änderungsvorschläge der Sachverständigen sind nicht unproblematisch: Durch eine Ausweitung des Gesetzes besteht die Gefahr, dass dem Erblasser eine stets kostenpflichtige Pflege aufgezwungen wird, die in dieser Form vielleicht weder erwünscht, noch – gemessen an der Gegenleistung – angemessen ist. Der Vorschlag eines widerruflichen Vermächtnisses führt in der Praxis zu großen, anderweitigen Problemen. Gerade pflegebedürftige Erblasser werden häufig gesundheitlich nicht mehr in der Lage sein, testamentarisch einen Widerruf zu verfügen.

Darüber hinaus bestehen diese Diskussionsthemen ebenfalls bei der Beschränkung des Ausgleichs auf gesetzliche Erben. Eine Ungleichbehandlung zu anderen, nicht gesetzlich bedachten pflegenden Personen, kann dies wohl nicht rechtfertigen.

Große praktische Probleme stellen sich zudem bei der Anknüpfung der Vergütung der Pflegeleistungen an die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherungen. Die nahestehende Pflegeperson ist gerade nicht mit einem berufsmäßigen Pflegedienst vergleichbar – weder von der Ausbildung her noch vom zeitlichen Tätigkeitsumfang. Damit wird der Gesetzgeber weiterhin zu entscheiden haben, ob die bei einer Umsetzung der Vorschläge der Sachverständigen zukünftig zu erwartende ansteigende Zahl an gerichtlichen Auseinandersetzungen über den geleisteten Umfang der Pflege und die damit einhergehende immense zeitliche und finanzielle Belastung für Erben und Gerichte gleichermaßen in Kauf genommen werden sollen. Nach Auffassung der AGT werden die Änderungsvorschläge der Sachverständigen daher vom Gesetzgeber vermutlich nicht umgesetzt werden.