Tagungsbericht zur 3. AGT-Spezialtagung

von Frau Dipl.-Kffr. Steuerberaterin Barbara Schönleber

Die dritte AGT-Spezialtagung fand am 14.2.2020 in Köln statt. Diesmal war das Thema „Das Behindertentestament“. Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrn Rechtsanwalt Norbert Schönleber vom Vorstand der AGT.

Das Thema war ersichtlich auf großen Zuspruch gestoßen, denn der Einladung zur Veranstaltung waren rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland gefolgt.  Als Referenten hatte die AGT ausgewiesene Experten auf dem Gebiet des Behindertentestaments gewinnen können.

Fragen zum Behindertentestament

Zu Beginn der Veranstaltung erläuterte Herr Notar Lorenz Spall aus Landau die Tücken bei der richtigen Ausgestaltung des Behindertentestaments. Der Referent legte eingehend dar, dass es in diesem Bereich ein Testament „von der Stange“ nicht geben darf. Vielmehr muss jeweils auf die individuelle Situation von Erblasser und behindertem Erbe eingegangen werden. Bei der Gestaltung sollte berücksichtigt werden, dass der Behinderte durch die testamentarische Regelung einen messbaren Mehrwert gegenüber der gesetzlichen Versorgung erhält. Ansonsten bestünde die große Gefahr, dass der gesetzliche Betreuer des Behinderten sich zur Ausschlagung gezwungen sieht, um den unbelasteten Pflichtteil zu erhalten.

Präsentation zum BehindertentestamentAnschließend beleuchtete Herr Rechtsanwalt Dr. Hans Hammann aus Reutlingen die Schwierigkeiten bei der praktischen Handhabung des Behindertentestaments. Sie stelle den Testamentsvollstrecker sowohl bei der Abwicklungsvollstreckung als auch bei der Dauervollstreckung vor eine Vielzahl von Aufgaben. Z.B. müsse der Testamentsvollstrecker folgendes beachten: Bei der üblichen Ausgestaltung des Behindertentestaments wird der Behinderte als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt. Dies hat nach § 2119 BGB zur Folge, dass der Testamentsvollstrecker nur mündelsichere Anlagen abschließen darf. Herr Dr. Hammann ging im weiteren Verlauf auch auf die Unterschiede zwischen der gängigen erbrechtlichen Lösung (Vorerbe/Nacherbe) und der von ihm favorisierten Vermächtnislösung ein.

Vortrag zum Thema Behindertentestament und SozialrechtGestärkt durch das dreigängige Mittagsmenue konnten die Teilnehmer dann dem Beitrag von Frau Rechtsanwältin Dr. Gudrun Doering-Striening aus Essen folgen. Sie legte dar, dass das Behindertentestament von jeher im Spannungsverhältnis zwischen Sozialrecht und Erbrecht steht. Ohne eingehende Kenntnis der sozialrechtlichen Gegebenheiten sei das Behindertentestament nicht sachgerecht zu gestalten. Anhand ausgewählter Gesetzestexte zum Sozialgesetzbuch stellte sie den Teilnehmern die unterschiedlichen Leistungsansprüche der Leistungsberechtigten vor.

Referent zum Thema Anlageentscheidungen für TestamentsvollstreckerHerr Dipl.-Kfm. Ralf Maack aus Hamburg erläuterte aus seiner Erfahrung als Certified Financial Planner das schwierige Thema der Anlageentscheidungen in Zeiten der Nullzinspolitik.  Um zu einem höheren Ertrag zu gelangen, müsse man zwangsläufig Risiken in Kauf nehmen. Daran werde sich voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Für mündelsichere Anlagen wie z.B. bei der Bundesanleihe habe dies zur Folge, dass sogar ein Negativzins in Kauf genommen werden müsse.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete dann die Diskussionsrunde mit den Vertretern der Verbände. Die AGT wollte soweit auch den Betroffenen Gelegenheit geben, bei diesem Thema zu Wort zu kommen.

Teilnehmer der Diskussionsrunde unter der Leitung von Rechtsanwalt Norbert Schönleber waren Frau Helga Lüngen, Geschäftsführerin der ZNS-Hannelore Kohl Stiftung, Herr Rechtsanwalt Matthias Weber vom Vorstand der Lebenshilfe Köln e.V. und Herr Detlef Schmidt, Kreisgeschäftsführer VdK Köln.

Die Erfahrungen der Diskussionsteilnehmer mit dem Behindertentestament stellten sich als unterschiedlich dar. Herr Schmitt teilte mit, dass der Schwerpunkt des VdK als Sozialverband auf dem Gebiet des Sozialrechts liege, vor allem im Schwerbehindertenbereich. Die Frage des Behindertentestaments werde aber auch für Mitglieder des VdK künftig einen höheren Stellenwert einnehmen.

Von ähnlichen Erfahrungen berichtete Frau Lüngen von der ZNS-Stiftung. Der Schwerpunkt der Stiftung liege auf der Unterstützung von Menschen mit Schädel-Hirn-Verletzung und deren Angehörigen sowie im Bereich der Unfallvorbeugung. Als reine Spendenorganisation erfolge keine rechtliche oder medizinische Beratung. Allerdings werde bei den Angehörigen der dauerhaft Betroffenen die Frage einer testamentarischen Regelung zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Herr Weber legte dar, dass für die Lebenshilfe als Selbsthilfeorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung das Behindertentestament schon seit längerer Zeit einen hohen Stellenwert einnehme. Für die betroffenen Eltern stelle die Absicherung des behinderten Kindes eine wichtige Rolle dar. Solange die Eltern leben, dominiere der Fürsorgegedanke. Entscheidend sei, dass auch nach dem Tod der Eltern eine gute Regelung für das behinderte Kind getroffen werde. Sie möchten ihr Kind auch weiterhin gut versorgt und abgesichert wissen. Deswegen sollten die Eltern auch schon bei der Gestaltung des Testaments mitwirken. Wichtig sei es auch, im Familienverbund behinderte und nicht behinderte Kinder mit einzubinden. Eine bessere Situation für das behinderte Kind könne nur durch die Anordnung einer lebenslangen Dauertestamentsvollstreckung gewährleistet sein.

Einig waren sich alle betroffenen Verbände, dass als Teil der Daseinsvorsorge die Themen ‚Patientenverfügung‘, ‚Vorsorgevollmacht‘ und ‚Erbschaft/Testament‘ zunehmend ins Bewusstsein gerückt sind. Die ihm Rahmen des Vortrages über Anlageentscheidungen angesprochene Kapitalanlageproblematik sei für gemeinnützige Organisationen ein schwieriges Thema. Im Gegensatz zu früheren Zeiten seien die Kapitalerträge deutlich zurückgegangen. Man sei daher vermehrt auf lebzeitige Spenden, aber auch auf Testamentsspenden angewiesen, um die Arbeit der Organisationen sicher zu stellen.

Programm der Veranstaltung:

  • Notar Lorenz Spall: „Die Ausgestaltung des Behindertentestaments“
  • Fachanwalt für Erbrecht Dr. Hans Hammann: „Die praktische Handhabung“
  • Fachanwältin für Sozialrecht und Familienrecht Frau Dr. Gudrun Doering-Striening: „Behindertentestament und Sozialrecht“
  • Kaufmann Ralf Maack: „Anlageentscheidungen“
  • Podiumsdiskussion mit Vertretern von Vereinigungen Betroffener

Termin und Thema der nächsten AGT-Spezialtagung werden hier bekanntgegeben.