Tagungsbericht – 14. Deutscher Testamentsvollstreckertag 2020 der AGT

Christoph J. Schürmann, Rechtsanwalt, SP§P Schiffer & Partner, Bonn
(Veröffentlicht in der ErbR 4.2021, s. hier)

Referenten des Webinars und AGT-Vorstand: v. li: RA Dr. J. Klinger, RA Dr. K. Jan Schiffer, RA A. Knauss, RA E. Rott, RA N. Schönleber, StB T. Terhaag, StB P. Meier, RA Dr. M. Bonefeld, RA S. Stade (nicht im Bild)

Aufgrund der gegebenen Covid-Umstände fand der 14. Deutsche Testamentsvollstreckertag der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT e.V.) am 17. November 2020 als reine Online-Veranstaltung statt.

Dass dieses Format trotz gewisser Beschränkungen zugleich auch neue Chancen eröffnet, zeigte sich in der Zahl von fast 350 Teilnehmern, welche die ansonsten durch die Räumlichkeiten des traditionellen Veranstaltungsorts im Bonner Wissenschaftszentrum begrenzte Teilnehmerzahl um mehr als 70%  übertraf. So wies der AGT-Vorsitzende RA Eberhard Rott in seiner Begrüßung auch darauf hin, dass auch in Zeiten nach „Corona“ jedenfalls eine Hybrid-Veranstaltung des Testamentsvollstreckertages als Präsenz- und Onlinetagung durchaus im Bereich des Möglichen sei.

Die traditionelle Verleihung des AGT-Preises für hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung zum Beginn der Veranstaltung musste, zumindest in der sonst üblichen Form, in diesem Jahr entfallen. Gleichwohl nutzte AGT-Vorstandsmitglied RA Dr. K. Jan Schiffer die Gelegenheit für eine „Laudatio“ der besonderen Art und verlieh den AGT-Preis dieses in vielerlei Hinsicht besonderen Jahres symbolisch an alle „Anwesenden“ und alle Mitstreiter für die Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge mit und ohne wissenschaftliche Meriten als Würdigung für deren Engagement für das Testamentsvollstreckerwesen.  Zugleich kündigte er für den AGT-Vorstand an, dass der AGT-Preis ab dem kommenden Jahr in einer erweiterten Form nicht mehr nur als Auszeichnung für wissenschaftliche Veröffentlichungen verliehen werde, sondern ganz allgemein für besondere Leistungen im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge.

Die Reihe der Vorträge eröffnete sodann Rechtsanwalt Dr. Michael Bonefeld aus München, zunächst mit einem Blick auf „Aktuelles aus der Welt der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung“. Aus dem reichhaltigen Fundus jüngerer Rechtsprechung zur Testamentsvollstreckung befasste sich Bonefeld exemplarisch mit zwei praxisrelevanten Themen: Zum einen mit dem BGH-Beschluss vom 24.07.2019 (XI ZB 560/18) zu Verwaltungsanweisungen in einem Behindertentestament und zum anderen mit der Frage zur Berücksichtigung von Nachlassvermögen bei Dauertestamentsvollstreckung im Rahmen der Gerichtsgebühren für das Betreuungsverfahren, die von verschiedenen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt wurde.

Der zweite Teil des Vortrags von Bonefeld war sodann der „Vergütung des Testamentsvollstreckers bei Großnachlässen“ gewidmet. Der Referent verdeutlichte eindrücklich die nach seiner Analyse bestehenden Probleme der herkömmlichen Vergütungssysteme (insb. der „Neuen Rheinischen Tabelle“) und stellte alternative Lösungsansätze vor. Die Thematik wurde in der anschließenden Diskussion dankbar aufgegriffen. Der AGT-Vorstand verwies insbesondere auf ein laufendes Projekt der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge zur praxisnahen Befassung  mit der Vergütungstabelle des Notarvereins. Ein äußerst begrüßenswertes Vorhaben, dessen Ergebnisse mit Spannung erwartet werden!

Im Anschluss befassten sich die beiden Steuerberater und AGT-Vorstandsmitglieder Thomas Terhaag, Düsseldorf, und Peter Hinrich Meier, Jockgrim, in einem ebenso launigen wie informativen Vortrag mit möglichen „Steuerlichen Kardinalfehlern in der Testamentsvollstreckung“. Den Referenten gelang es problemlos und gut verständlich, gerade bei Testamentsvollstreckern aus den nicht-steuerberatenden Berufen das unbedingt nötige Problembewusstsein zu schärfen und zugleich praxisnahe Lösungsvorschläge zu liefen, etwa ein steuerliches „Pflichtenheft“ des Testamentsvollstreckers.

Das gemeinsame Mittagessen der Teilnehmer musste dieses Jahr zwangsläufig entfallen, dafür stellte die AGT ihr 1. Erklärvideo zum Thema „Warum ist der Einsatz eines Testamentsvollstreckers sinnvoll?“ vor  (mehr dazu hier) sowie bot sie anschließend ein rege wahrgenommenes kurzes Fitnessprogramm für das Home-Office mit dem professionellen Bonner Trainer Philipp Nonnen-Büscher (PNB-Training).

Entsprechend gestärkt und erfrischt startete das Programm nach der Pause in den bereits traditionellen „Europäischen Länderbericht“ des Testamentsvollstreckertages. In diesem Jahr konnte als Experte Rechtsanwalt und Avocat Stefan Stade mit Sitz in Kehl und Strasbourg für einen einführenden Vortrag zu „Erbrecht und Testamentsvollstreckung in Frankreich“ gewonnen werden. Grenzüberschreitende Fälle sind hier erfahrungsgemäß nicht selten, insofern lohnt ein Überblick auch für den Testamentsvollstrecker in Deutschland. Stade erläuterte den Teilnehmern dazu Unterschiede der Testamentsvollstreckung in Frankreich gegenüber den deutschen Regelungen und stellte auch die Grundzüge der gesetzlichen und gewillkürten Erbfolge sowie des Pflichtteilsrechts in Frankreich dar.

Den finalen Themenblock des Tages bestritt schließlich Rechtsanwalt Dr. Julian Klinger aus München mit einem zweigeteilten Vortrag.

Hochaktuell ging es dabei zunächst um die „Auswirkungen von Covid-19 auf die Testamentsvollstreckung“. Nach einer einführenden Risikoanalyse ging Klinger dabei insbesondere auf Fragen der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung und der Vermögensverwaltung in Krisenzeiten, die aktuelle „Covid-19-Gesetzgebung“ sowie auch die eigene, ggf. krankheitsbedingt eingeschränkte Handlungsfähigkeit des Testamentsvollstreckers und eine etwaige Beendigung des Amtes in Krisenzeiten ein.

Zum Abschluss begab sich Klinger gemeinsam mit den Tagungsgästen dann noch einmal an das „juristische Hochreck“ und führte mit „Die latente Testamentsvollstreckung“ in eine juristische Fragestellung ein, mit der er sich jüngst auch in einer 2020 im Peter Lang Verlag erschienenen Schrift wissenschaftlich vertieft auseinandergesetzt hat. Es handelt sich, so der Referent, um Situationen, in denen ein Testamentsvollstrecker ernannt ist, der das Amt auch ausüben möchte, es jedoch nicht kann, sei es, weil er das Amt zeitweise nicht ausüben darf oder weil er in seiner Rechtsmacht (zeitweise) beschränkt ist, so dass es bezüglich des Amtes zu einer Schwebelage kommt. Als praktisches Beispiel nennt Klinger etwa den Fall, in dem die Eltern eines noch minderjährigen Sohnes einen Vormund bestimmen, der erst mit dem Erreichen der Volljährigkeit des Sohnes Testamentsvollstrecker werden und den Nachlass bis zum 25. Lebensjahr verwalten soll. Klinger gelang es dabei mühelos, die Materie trotz der Kürze der Zeit anschaulich darzustellen und verschiedene juristische Lösungsansätze zu diskutieren.

Der sonst übliche gesellige Ausklang der Veranstaltung, der sonst den teils weitgereisten Teilnehmern nochmals Möglichkeit zum Kennenlernen und zu weiterem Meinungs- und Erfahrungsaustausch bietet, fiel dieses Jahr dem Virusgeschehen zum Opfer. Gleichwohl betonten viele Teilnehmer die positive Erfahrung mit dem Online-Konzept der Veranstaltung. Eine Möglichkeit, bei kommenden Präsenzveranstaltungen auch in Zukunft die Online-Teilnahme zu ermöglichen, würde sicher von vielen Testamentsvollstreckern im ganzen Bundesgebiet begrüßt.

Näheres zu dem 14. Testamentsvollstreckertag findet sich auf der Website der AGT (hier). Der 15. Deutsche Testamentsvollstreckertag findet voraussichtlich am 09.11.2021 in Bonn statt. Auch dazu stellt die AGT aktuelle Informationen auf ihrer Website zur Verfügung (hier).