1. AGT-Fachtagung am 28.6.2013 in Stuttgart
Tagungsbericht von AGT-Vorstandsmitglied RA Norbert Schönleber
Am 28.6.2013 fand in Stuttgart die 1. AGT-Fachtagung statt. Mit über 60 Teilnehmern war diese Auftaktveranstaltung sehr gut besucht. Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik, aber auch aus Österreich und der Schweiz hatten den Weg ins Waldhotel nach Stuttgart-Degerloch gefunden.
Der Tagungsleiter, Herr RA Norbert Schönleber aus Köln, begrüßte zunächst die Teilnehmer und stellte ihnen das 200. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. vor. Es handelt sich dabei um Herrn RA Matthias Pruns aus Bonn, der dann später noch als Referent tätig wurde.
Den Auftakt der Vortragsveranstaltung machte Herr Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze aus Berlin. Er wies eingangs darauf hin, dass man von ihm keinen Vortrag über „Drohnen“ erwarten solle. Er sei nämlich nicht beim Bundesverteidigungsminister tätig, sondern vielmehr in der Anwaltskanzlei von dessen Vetter, Herrn Lothar de Maizière. Allerdings machte Herr Dr. Kurze deutlich, dass auch der Vorsorgebevollmächtigte im Rahmen seiner Arbeit vor „Einschlägen“ durchaus nicht geschützt ist. Er erläuterte, was der Bevollmächtigte beachten muss und in welcher Weise die Vorsorgevollmacht und die Testamentsvollstreckung sinnvoll ineinander greifen können.
Im zweiten Vortrag ging Herr Rechtsanwalt Wolfgang Eller auf die Frage der Behandlung von Kunst im Nachlass ein. Herr Eller erläuterte, dass er ganz überwiegend seit vielen Jahren als Kunstsachverständiger tätig sei. Er berichtete aus seinem reichen Erfahrungsschatz und legte dar, dass man bei der Bewertung von Kunst immer mit Überraschungen rechnen müsse. Die Zahl der Kunstfälschungen sei im Zweifel noch größer als in den bisherigen Presseberichten schon vermutet. Weiter sei festzustellen, dass im Rahmen des Generationswechsels Antiquitäten teilweise mittlerweile einen schweren Stand hätten auf Grund fehlender Nachfrage.
Im Anschluss an den Vortrag nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, zahlreiche Sachfragen zu speziellen Punkten zu stellen.
Der dritte Vortrag war ein Vortrag mit zwei Referenten, die sich im Vortrag gekonnt abwechselten. Frau Diplom-Theologin Birgit Aurelia Janetzky erläuterte an zwei Beispielsfällen, dass die Frage des digitalen Nachlasses nicht nur eine juristische Komponente hat, sondern auch eine zutiefst menschliche Seite.
Vorgestellt wurden als Beispielsfälle zum einen eine Frau im vorgerückten Alter, der nach einer Krebsdiagnose nur noch drei Wochen bleiben, um Ihren Nachlass und auch den digitalen Nachlass zu ordnen. Das andere Beispiel stellte ein junges Mädchen vor, das in jungen Jahren auf tragische Weise ums Leben kommt und deren umfangreicher digitaler Nachlass geordnet werden muss.
Herr Rechtsanwalt Matthias Pruns erläuterte jeweils die rechtliche Seite. Er teilte mit, dass der Deutsche Anwaltverein im Juni 2013 eine sehr umfangreiche Stellungnahme zum digitalen Nachlass veröffentlicht habe und zwar in einer gemeinsamen Erklärung der Ausschüsse für Erbrecht, Informationsrecht und Verfassungsrecht. Die Stellungnahme habe einen Umfang von rund 100 Seiten.
Die Stellungnahme findet man im Internet hier: Stellungnahme Nr.: 34/2013
In der Stellungnahme werde der Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Herr Rechtsanwalt Pruns legte sehr eingehend und sachkundig dar, dass jedenfalls aus seiner Sicht die auftauchenden Probleme zumindest weitgehend mit den Instrumenten des Erbrechts gelöst werden können.
So so sei beispielsweise schon der Gesetzgeber des BGB davon ausgegangen, dass höchst persönliche Schriftstücke des Erblassers Teil des Nachlasses sind, ohne das Persönlichkeitsrechte Dritter, wie etwa das Briefgeheimnis des Absenders, insoweit dem Erbgang entgegenstehen. Das ergebe sich etwa aus einem Umkehrschluss zu der Vorschrift des § 2373 Abs. 2 BGB. Zu den dort genannten Familienpapieren, die Teil des Nachlasses sind, gehören nach den Protokollen zum BGB insbesondere auch private Briefe, die der Erblasser empfangen hat. Auch aus § 2047 Abs. 2 BGB könne man rückschließen, dass solche Schriftstücke Teil des Nachlasses sind und auf die Erben übergehen. Wenn aber höchstpersönliche Dinge wie z.B. Briefe an den Erblasser Teil des Nachlasses sind, könne für E-Mails, die ja schlussendlich auch nur elektronische Briefe darstellten, hier letztlich nichts anderes gelten.
Abzuwarten bleibe aber, wie die Dinge sich nun rechtlich entwickeln werden und ob und wie der Gesetzgeber reagiere. Schließlich habe noch vor wenigen Tagen die Bundeskanzlerin den Bereich des Internets als „Neuland“ eingestuft.
Rechtsanwalt Schönleber bedankte sich abschließend bei den Teilnehmern für die Teilnahme und die rege Diskussion und lud dann zum nachfolgenden geselligen Beisammensein. Bei Sekt, Wein, Bier und kühlen Getränken sowie einem reichhaltigen Buffet nutzten die noch verbliebenen Teilnehmer eingehend die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und auch zu weiteren Gesprächen mit den Referenten.
Aus dem Teilnehmerkreis war zu erfahren, dass die Veranstaltung sehr gut gefallen hat und man eine Fortsetzung im nächsten Jahr begrüßen würde.
Rechtsanwalt Norbert Schönleber, Köln